Diamant „Modell 35-707“ (1972), Vintage-Rennrad, Stahl, DDR

Franz Kafkas letzte Freundin, Dora Diamant, hätte sicher gern ein grünes Diamant-Rennrad gehabt. Doch dazu hätte sie Jahre in die Zukunft reisen müssen, denn dieses Rad mit der Rahmennummer 6.684.089 stammt aus dem Jahr 1972.

CroMo-Stahlrahmen, gemufft;
Grünert-Felgen mit nicht-aufgeklebten Schlauchreifen, die hintere hat einen Höhenschlag;
Naben und Schnellspanner von Renak;
Favorit "PWB" (Prag, Warschau, Berlin) Umwerfer;
Favorit-Schalthebel;
Lenker und Vorbau von Grünert;
Seitenzugbremsen von Alda;
Möve-Sattel, Version ohne Firmenlogo;
Tretkurbel mit original Pedalen und Rennriemen aus Leder;
Gewicht mit Pedalen: 11,2 kg;
Rahmenhöhe: 58 cm;
Übersteighöhe: ca. 81 cm.

Bleibt die Frage, warum man ein Vintage-Fahrrad kaufen sollte. Ist Nostalgie eine Schutzreaktion auf als bedrohliche empfundene Veränderungen? Oder gibt es handfeste Gründe, sich am Alten und Dahergebrachten zu orientieren?

Hier liegt der Vorteil der Rückwendung darin, dass man a) bewährte Technik nutzt, b) dass sich eine Stange Geld sparen lässt, und c) dass man auf einen Schlag tiefste Seelenruhe spürt.

Die innere Ruhe entsteht, weil man nicht mehr den neuesten technischen Verbesserungen hinterherhecheln muss. Zwar dreht sich die Innovationschraube weiter, doch sie spielt keine Rolle mehr. Körperliche Fitness und schöne Landschaften lassen sich auch mit einem leichtlaufenden Stahlrad genießen, selbst wenn es auf 100 km vielleicht 5 Minuten länger dauert, um ans Ziel zu kommen. Der Kern des Radfahrens steckt nicht in aerogeformten Carbonrahmen mit versteckten Zügen, die nur im Fachbetrieb gewartet werden können, sondern in der Freude am Fahren und im Spaß an einer auch unterwegs immer verlässlichen Technik.

Der Rahmen, der beim Kauf in Ludwigslust bereits grün war, wurde neu lackiert, erneut in grün. Dass diese Lackierung kein Standard ist, dürfte bekannt sein, was den Vorbesitzer zu der Spekulation hinriss, es könne sich um ein Friedensfahrt-Rad handeln. Belege dafür gibt es nicht, ich halte es auch nicht für wahrscheinlich.

Von meinen fünf Diamant-Rennern hatte keiner ein Ausfallende mit integriertem Schaltauge. Der Kettenwerfer musste mittels eines Adapters angeschraubt werden, was bei dem hier vorgestellten Rad zu einer interessanten technischen Komplikation führte: Der Adapter mit dem Schaltauge blockierte das vertikale Ausfallende, dergestalt dass das Hinterrad nur enfernt werden konnte, wenn der der Schnellspanner vollständig aus der Hohlachse gezogen wurde.

War das so von den Konstrukteuren intendiert? Ich glaube nicht, denn wer verbaut schon Schnellspanner, wenn das Hinterrad-Herausnehmen dann durch den Schaltaugenadapter blockiert wird?

In Werner Aidns Buch „Diamant – Fahrräder, Motorräder, Radsport“ finder sich auf S. 166 der Hinweis, dass das Diamant-Ausfallende bei diesem Rad eine “spezielle Aussparung” besitze, um dort einen Renak-Umwerfer anzubringen. Der Renak-Umwerfer lässt das vertikale Ausfallende nach unten hin offen, so dass das Hinterrad ohne große Mühe herausgenommen werden kann. Was für den Renak gilt, gilt auch für den hier verbauten Favorit-Umwerfer.

Nun sitzt in dieser speziellen Aussparung also die Favorit "PWB", die dadurch ohne zusätzliche Halterung direkt am Rahmen befestigt werden konnte.

Beim Wiederaufbau ging es nicht um eine hyperakkurate, quasi museale Restauration eines alten Fahrrads. Vielmehr war mir wichtig, das Fahrrad zu einem idealtypischen DDR-Rennrad der 1970er zu machen.

Die Komponenten stammen aus der DDR bzw. der ČSSR, einzig beim Dekor (Aufkleber und Steuerkopfschild) wurde auf aktuelle Produktion zurückgegegriffen.

Disclaimer:
Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmangelhaftung.
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